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Verleihung der Heinrich-von-Lehndorff-Medaille am 14.06.2023 in Lüneburg

Christian Thielemann und Kilian Heck geehrt

Von Joachim Mähnert

Das Ostpreußische Landesmuseum erwies sich als ein ehrwürdiger und höchst angemessener Ort für die Verleihung der Heinrich-von-Lehndorff-Medaille an Prof. Dr. h.c. Christian Thielemann und Prof. Dr. Kilian Heck am 14. Juni 2023. Beide hatten sich in der Vergangenheit sehr für das Zusammenbleiben des Konvoluts von Gemälden, Möbeln, Tapisserien und Kunsthandwerk aus dem einst von äußerst qualitätsvoller Ausstattung geprägten Schloss Steinort eingesetzt, das Fachleute zu den bedeutendsten Beständen an erhaltenem adligen Inventar aus Ostpreußen zählen. Künftig werden die Kunstgegenstände nach ihrer Restaurierung in einer Ausstellung im Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg der interessierten Öffentlichkeit präsentiert.

Der Kunsthistoriker Kilian Heck mit Museumsdirektor Joachim Mähnert vor zwei frisch restaurierten Bildern von Anna Rosina de Gasc und Antoine Pesne

Eintragung in das Goldene Buch der Hansestadt

Im Vorfeld der Veranstaltung wurden die beiden Preisträger und deren Ehrengäste im Rathaus empfangen und trugen sich in das Goldene Buch der Stadt Lüneburg ein. Beim anschließenden Rundgang durch das Rathausgebäude zeigten sich die Gäste beeindruckt von der überragenden bildkünstlerischen und skulpturalen Ausstattung des größten mittelalterlichen Rathauses im Norden Deutschlands.

Der Festakt im Museum

Der feierliche Festakt der Verleihung fand vor rund 100 Gästen im bis auf den letzten Stuhl besetzten Foyer des Ostpreußischen Landesmuseums statt. Nach der Begrüßung durch den Hausherrn, Direktor Dr. Joachim Mähnert, hielt Dr. Tessen von Heydebreck, Vorstand der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, eine kurze Rückschau zur Tätigkeit dieser Rechtsinstitution, zurückreichend bis zu ihrer Gründung im Jahr 2007. Heute ist die Polnisch-Deutsche Schwesterstiftung Eigentümerin von Schloss Steinort im heute polnischen Masuren, das insbesondere mit dem Namen von Heinrich von Lehndorff und seiner Beteiligung an der Vorbereitung des Umsturzversuchs vom 20. Juli 1944 verbunden ist. Die Heinrich-von-Lehndorff-Medaille wird seit 2021 an herausragende Persönlichkeiten vergeben, die sich um die Rettung des Schlosses und seines Inventars sowie die Festigung der deutsch-polnischen Beziehungen verdient gemacht haben. Erstmalig ging sie an die ehemalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Frau Dr. Antje Vollmer, sowie an den einstigen Botschafter Polens in Deutschland, Janusz Reiter.

Danach richtete Frau Bürgermeisterin Christel John das Wort an die Gäste und die Auszuzeichnenden. In ihrer Rede drückte sie den Stolz der Stadt aus, dass die Ehrung in Lüneburg stattfindet. Sie hob die erfolgreiche Brückenfunktion des Ostpreußischen Landesmuseums nach Mittelosteuropa hervor, die eine der Hanse im positiven Sinne fortsetzt.

In seiner unterhaltsamen Laudatio würdigte der Denkmalpfleger und Kunsthistoriker Dr. Albrecht Graf von und zu Egloffstein den Beitrag der beiden Preisträger zur Rettung des Schlosses und vor allem eines durch glückliche Umstände erhaltenen Konvoluts des Inventars.

Rettung der wertvollen Bestände aus Steinort

Dr. Mähnert schilderte im Anschluss den schwierigen, ja abenteuerlichen Weg, den die Kunstgegenstände bis zu ihrer Rettung in ein öffentlich finanziertes Museum gehen mussten: die Evakuierung aus Ostpreußen in Güterwaggons, das eilige Einmauern in einen Burgkamin und der Jahrzehnte später erfolgte „Schatzfund“, die Beschlagnahmungen durch die Rote Armee, verschlungene Wege in Depots von DDR-Museen sowie vermutlich auch in den privaten Kunsthandel durch das KoKo-System von Alexander Schalck-Golodkowski, nach der Wende schließlich langjährige Restitutionsbemühungen der einst von den Nationalsozialisten enteigneten Familie, drohender Auktionsverkauf bei Christies in London und glückliche Rettung als zusammenhängender Bestand durch die von den Laureaten initiierte Gruppe von Kunstfreunden, bis sie letztendlich vom Deutschen Historischen Museum erworben und als Leihgabe vom Ostpreußischen Landesmuseum Lüneburg übernommen werden konnten.

Dr. Mähnert würdigte das Konvolut, welches nicht nur wegen herausragender Einzelstücke, etwa ein ungewöhnliches Familienporträt vom „Goethe-Tischbein“ Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829) oder Porträts von Antoine Pesne und Anna Rosina de Gasc sowie ein mächtiger Gobelin mit biblischer Szenerie, von höchstem musealen Wert sei. Besonders angesichts der Verheerungen zu Kriegsende sei die einst bedeutende Substanz adliger Lebenswelten kaum und nur fragmentarisch in dinglichen Zeugnissen erhalten, was diesen so glücklich geretteten Bestand einzigartig machen würde. Nach ihrer Restaurierung sollen die Kunstgegenstände im Ostpreußischen Landesmuseum ausgestellt werden.

Die Medaillenverleihung

Die Heinrich-von-Lehndorff-Medaille besteht aus hochwertigem Meißner Porzellan und trägt einen Goldrand. Sie zeigt das Konterfei von Heinrich von Lehndorff sowie auf der Rückseite eine stilisierte Abbildung von Schloss Steinort, beschriftet mit dem heute polnischen Namen „Palac Sztynort“. Die feierliche Übergabe der Medaillen war verbunden mit der Verlesung der zugehörigen Urkunden und wurde von den Vertretern der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz und ihrer Schwesterstiftung, Dr. Tessen von Heydebreck und Udo Donau, sowie dem Stifter der Medaille, Prof. Dr. Wolfram Jäger, vorgenommen.

Danksagung

Christian Thielemann bedankte sich für die Auszeichnung herzlichst und schilderte kurz, aber in emotionalen Worten, seine Affinität zum ehemaligen Ostpreußen. Getrieben von dem Bemühen um die Bewahrung der Erinnerung an ein Stück verlorengegangene Geschichte zu dem nicht mehr existenten Schloss Friedrichstein der Familie von Dönhoff kam er schließlich zu Schloss Steinort. Seine eindrucksvollen Eichenalleen und seine bis vor einiger Zeit kaum bekannte Geschichte im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 inspirierten ihn. Es war ihm ein Bedürfnis, Impulse für dessen Erhalt zu geben. Aus der Unsicherheit, was denn ein Einzelner da überhaupt tun und ausrichten kann und durch sein anhaltendes Kunstinteresse ergab sich der Glücksumstand, dass die wenigen noch existenten Kunst- und Ausstattungsgegenstände von Schloss Steinort in ihrer Gesamtheit auf Initiative der Ausgezeichneten hin bewahrt werden konnten.

Die von ihm aktivierte kleine Gruppe der „Kunstfreunde Schloss Steinort“ unterstützte das Anliegen in großzügiger Art und Weise mit einer Zwischenfinanzierung, bis die vorläufige Lösung des Verbleibs im Ostpreußischen Landesmuseum über öffentliche Gelder gefunden werden konnte. Die Vision der beiden Geehrten ist es, diese später einmal im sanierten Schloss in Steinort auszustellen und zur Unterstützung der Authentizität des Ortes einzusetzen.

Danksagung der Geehrten Christian Thielemann und Kilian Heck

Kilian Heck spannte den aktuellen Bogen zu der Notwendigkeit der Bewahrung historischen Kunstgutes über den Ukrainekrieg und sein derzeitiges Engagement über ein von ihm organisiertes Netzwerk zur Unterstützung der ukrainischen Museen und Galerien. Eindringlich schilderte er die Not der ukrainischen Museumskollegen, die er wöchentlich in Videokonferenzen vermittelt bekommt. Die Invasion Russlands in der Ukraine zeigt auch, wie wichtig es ist, an den militärischen Widerstand und die Vorbereitung des Umsturzversuchs vom 20. Juli 1944 in Steinort zu erinnern. Kilian Heck schloss in seinen Dank für die Ehrung alle langjährig um die Erhaltung von Schloss Steinort bemühten Freunde und aktiven Mitstreiter ein.

Gratulation

Zum Abschluss des Festakts überbrachte Maurermeister Thorben Rievesehl, Alumnus der Städtischen Fachschule für Bautechnik der Stadt München, die Glückwünsche aller Lehrer und Schüler dieser Einrichtung. Er hatte in seine Gratulation noch eine weitere freudige Mitteilung eingebunden. Nachdem die Münchner Bautechniker bereits seit 2019 jährlich im September 14 Tage in Steinort bei Bau-, Maurer- und Zimmerarbeiten im Schloss verbrachten, erhielt die Schule für diese Einsätze nunmehr die Zertifizierung des Programms Erasmus+, was die weitere Finanzierung erst einmal bis 2027 sichert. Die jungen Leute lernen voneinander und von den außergewöhnlichen anstehenden Aufgaben, sie erfahren dessen Geschichte, und sie leisten einen wertvollen Beitrag zur Rettung des Gebäudeensembles. Die Einsätze werden im Rahmen des europäischen Projekts Erasmus+- finanziert. Sie sind damit die erste europäische Einrichtung im Schloss im Sinne seiner späteren zukunftsorientierten Ausgestaltung.

Gratulation durch Maurermeister Thorben Rievesehl

Der Abend wurde mit einem Empfang in den Räumen des Museums abgeschlossen, in denen für die Gäste 3 der bereits restaurierten Gemälde sowie ausgewählte Ausstattungsgegenstände präsentiert wurden.

Mehr zu Schloss Steinort findet sich im Themenportal „Copernico“.