Der gesellschaftliche Aufbruch nach dem katastrophalen Ende des Ersten Weltkriegs fand auch in der Bildenden Kunst in Deutschland seine Entsprechung. Das machte sich in einer Vielfalt künstlerischer Strömungen bemerkbar. Der Expressionismus fand neue Ausdrucksmöglichkeiten, Symbolismus, Konstruktivismus, neue Sachlichkeit entstanden oder fanden ihre Fortsetzungen.
In der ostpreußischen Metropole Königsberg wirkten viele junge Maler an der Erneuerung der Kunstszene mit. Den Schrecken des Krieges waren sie entkommen, nicht ohne physische und psychische Verletzungen davon getragen zu haben. Sie stürzten sich in die neue Freiheit des Denkens und Schaffens, freilich oft von materieller Not begleitet.
Alexander Kolde (1886-1963) gehörte zu den aktivsten Kräften in Königsberg nach 1918. Er erwarb sich mit seinem durch starke Farben und teils phantastische Motive gekennzeichneten Expressionismus viele Freunde und manche Förderer. Ein für ihn charakteristischer Motivkreis war die Tierdarstellung. Beispielhaft dafür ist das Gemälde des Katers auf dem Dach, ein Werk, das erst jüngst ins Ostpreußische Landesmuseum gelangte. Der Neuzugang aus dem Jahr ca. 1930 besteht aus den Materialien Öl und Pappe und fasst die Maße 29×38 cm. Die sprühende Farbigkeit und die gespannte Haltung des Anschleichens schildern eindrucksvoll die ursprüngliche Wildheit des Raubtieres. Die ganze Komposition ist darauf konzentriert. Trotz seines kleinen Formats vermittelt das Gemälde die Kraft der Koldeschen Kunst.
Beitragsbild: Der Kater auf dem Dach (Alexander Kolde, Öl/Pappe, um 1930)