Zum Inhalt springen
Startseite » Tagungsbericht: Identität als Prozess

Tagungsbericht: Identität als Prozess

Ein zusammenfassender Bericht von Edda Fricke und Peter Lehrmann

Online-Tagung: “Identität als Prozess” am 22.4.2021 (9:30 bis ca. 14:30)
Eine Kooperation des Ostpreußisches Landesmuseums Lüneburg mit dem Institut für Germanistik der Universität zu Warschau und dem Partnerverlag Convivo

Angeregt durch das Werk des aus Ostpreußen stammenden Dichters und Schriftstellers Johannes Bobrowski beschäftigte sich die Online-Tagung „Identität als Prozess“ mit Fragen der Identitätssuche und –entwicklung im Zusammenhang mit der Konstruktion und Rekonstruktion von Heimat bzw. Nation. In sechs Referaten und einigen Diskussionsblöcken ging es um literarische Werke von Johannes Bobrowski und Karolina Kuszyk, literaturhistorische Verhältnisse 19. Jahrhundert und das Verhältnis von Sprache und Identität im 20. und 21. Jahrhundert.

Johannes Bobrowski © Internationale Johannes Bobrowski Gesellschaft

Zusammenfassung der Tagesbeiträge:

Ermland und Masuren“ oder doch „Ostpreußen“
Dr. hab. Anna Górajek: Universität zu Warschau

Die Ostpreußen-Bücher von Giordano, von Krockow, Lehmkuhl und Bednarz beschreiben die Schönheit und Weite der Landschaft mit ihren Seen, Wiesen, Sümpfen, Wäldern und den die Landschaft prägenden Störchen, den „Preußen unter den Vögeln“ (Surminski), und vor allem den herrlichen Baumalleen, den von Linden oder Eichen gebildeten „Kathedralen des Grüns“. Viele dieser Baumalleen führten zu Schlössern oder Gutshäusern, die ein heute untergegangenes Kulturland formten, dessen tolerante und identitätsstiftende Wirkung sich in einem jahrhundertelange Zusammenleben von Deutschen, Polen, Juden, Ukrainern, Russen, Litauern, Belarussen und zahlreichen Glaubensflüchtlingen entfaltete.

Die auf eine nationalstaatliche Trennung der Ethnien zielenden Plebiszite nach dem 1. Weltkrieg sowie die Vertreibung der Deutschen und die Polonisierung/Sowjetisierung nach dem 2. Weltkrieg beendeten das multiethnische Experiment. Die polnischsprachigen Masuren, die in den Plebisziten nach dem 1. Weltkrieg mehrheitlich für den Verbleib in Ostpreußen gestimmt hatten, durften nach dem 2. Weltkrieg zwar bleiben, für die aus den verlorenen Ostgebieten zugewanderten Polen blieben die protestantischen Masuren mit ihren z.T. deutschen Namen aber Deutsche. Viele von ihnen wanderten schließlich unter dem Polonisierungsdruck des Staates in den 50er Jahre nach Deutschland aus.

Kulturelle Spuren der deutschen Vergangenheit finden sich vor allem in den Städten, allerdings war z. B. Elbing im 2. Weltkrieg bis zu 90% zerstört worden.

Wie eine Vielzahl der „heimwehkranken“ deutschen Touristen gehen die oben genannten Autoren eher von der deutschen Geschichte als von der polnischen Gegenwart aus. So geraten problematische Gegenwartsentwicklungen eher selten in den Focus. Immerhin nimmt Bednarz die zunehmende Umweltverschmutzung wahr, Gerald Zschorch die Not und kulturelle Verarmung der Menschen. Lehmkuhl vermerkt, dass auch die Entwicklung des Tourismus zu einer „Verwüstung“ von Landschaft führen könne.

Das Geschichtsbewusstsein ist in der jüngeren Generation nicht besonders ausgeprägt, doch gewinnt die Erinnerung an Geschichte und früheres Miteinander mit dem Wiederaufleben regionaler Identitäten in Polen an Bedeutung und könnte das von Bednarz konstatierte Misstrauen zwischen allen „ostpreußischen“ Ethnien aufheben.


Bobrowski, Nachbar von Adam Mickiewicz
Prof. Dr. hab. Leszek Szaruga, Universität zu Warschau

Zwar fänden sich im Werk Johannes Bobrowskis Lektürespuren von Mickiewicz, im Zuge der Arbeit an dem Vortrag trat für Prof. Szaruga dann aber immer mehr Bobrowskis „Projekt Sarmatien“ in den Vordergrund. Nach dem Verlust der ostpreußischen Heimat griff Bobrowski mit dem „Projekt Sarmatien“ an den mit keinem Nationalstaat verbundenen Heimatbegriff von Hölderlin und Rilke zurück. In der ersten Hälfte es 20. Jahrhunderts erlebten viele Menschen die Veränderlichkeit von Nationalstaaten. Der Großvater von Martin Pollack z.B. fand sich innerhalb weniger Jahrzehnte in mehr als einem halben Dutzend verschiedener Nationen wieder, ohne seinen Heimatort je zu verlassen.

Das antike Sarmatien umfasste in etwa den Raum zwischen Weichsel und Ural bzw. zwischen Ostsee und Schwarzem Meer. Bobrowski umriss seine sarmatische Heimat mit groben Zügen auf einer ausgerissenen Karte. In einem Brief an Peter Huchel vom 1.6.1956 kündigte Bobrowski an, „im Verlauf der Jahre eine Art Sarmatischer Divan“ zusammenzubringen, „worin das Land zwischen Weichsel und Ural mit seinen Völkern, mit Historie und Landschaft ungefähre Gestalt bekommt. Und eben die Rolle meines Volkes darin.“ Zur Beschreibung seiner sarmatischen Heimat entwickelte Bobrowski eine Sprache, die die Gruppe 47, vor allem Günter Grass, sehr beeindruckte.

Bobrowskis Gedicht „Gestorbene Sprache“ erinnert an die Sprache des untergegangenen Volkes der Pruzzen und die verlorene Verständigung von Mensch und Natur. Eine vorzivilisatorische Einheit von Mensch und Natur spricht auch die Erzählung „Boehlendorff“ an. Der gleichnamige Protagonist nimmt intensiv die Steppe, die Unkräuter am Boden und die hinter ihm herlaufenden Wolken wahr. Er überholt das Licht und spricht wie ein Stummer.

Wie der Philosoph Hans-Georg Gadamer bei Hölderlin bemerkte, nimmt auch Bobrowski hinter der vordergründigen appollinischen Helligkeit der Welt die dionysische Tiefe bzw. die dunkle Welt des Nordens wahr.

Mit Ferdinand Gregorovius, der 1848 „Die Idee des Polenthum’s. Zwei Bücher polnischer Leidensgeschichte“ veröffentlichte, ließe sich bei Bobrowski die Macht der Literatur, die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen, ansprechen. Bobrowski hat den polnischen Nationaldichter Adam Mickiewicz in den Gedichten „Mickiewicz“ und „Wilna“ thematisiert. Obwohl Bobrowski den Begriff „Heimat“ selten (Alfred Kelletat) einsetzt, verbindet ihn mit Mickiewicz das tiefe Gefühl, die Heimat verloren zu haben. Gemeinsamkeit entwickelt sich aus dem Motiv des Wanderers, der durch die Lande streicht, aus der unmöglichen Rückkehr in die Heimat. Der Pfarrer Marienfeld wirft Boehlendorff vor: „Sie gehen in die Häuser der Leute als ein Weithergekommener, mit den Maßstäben einer fremden Welt. Sie stören den Frieden, mit Dingen, die über das Begreifen sind, für die Leute, es gibt Abgabeverweigerungen, es gibt Unwillen bis vor die Kirchentür.“


Ein modernes Identitätsprojekt in „Levins Mühle” von Johannes Bobrowski
Dr. Anna Matysiak, Verlag Convivo

Convivo hat nach 50 Jahren die polnische Ausgabe von „Levins Mühle“ (Młyn Levina) neu aufgelegt. „Levins Mühle“ ist für sie ein modernes Identitätsprojekt. Gadamer habe in dieser Hinsicht Bobrowski und Celan auf einer Ebene gesehen.

Johannes Bobrowski sei in der multiethnischen und multireligiösen Welt seiner ostpreußisch-memelländischen Kindheit ein sensibler Beobachter gewesen und hat mit den Jahren begriffen, dass die gesellschaftlichen Spannungen der Gegenwart auf Vorgänge und Zustände in der Vergangenheit zurückgehen.

In „Levins Mühle“ dekonstruiert Bobrowski historische Identitäten und verdeutlicht, dass Identität immer neu erworben werden muss. Der Erzähler von „Levins Mühle“ ist deswegen kein naiver Erzähler von Ereignissen, sondern ein selbstreflexiver Erzähler, für den das „Wie“ der Wahrnehmung und späteren Interpretation der Ereignisse entscheidend ist. Der Roman, der im Untertitel „34 Sätze über meinen Großvater“ heißt, entwickelt aus dem nationalen, ethnischen und religiösen Wirrwarr der Ereignisse das Bild eines historischen Handlungsraumes. Die Sprache Bobrowskis reflektiert die Vielfalt, Widersprüchlichkeit und Diskontinuität der Welt, ohne sich in ihren chaotischen Verhältnissen zu verlieren und ohne die unerschütterliche Gewissheit von Stammesdenken zu reaktivieren. Bobrowskis Erzähler versteckt sich in der Figur des Narren, des trickreichen Betrügers; die gesamte Handlung des Romans findet möglicherweise nur in seinem Kopf statt. Ein „Handlungs-Höhepunkt“ des Romans ist die Schilderung der Zirkusaufführung, in der die Konturen der Welt verschwimmen und neu ausgehandelt werden. Schillernd ist am Ende des Romans auch die Figur der Malers Phillippi: ein lästiger Zerstörer von Scheinverhältnissen und als Maler in katholischen und protestantischen Kirchen: ein Brückenbauer.

Prof. Szaruga ergänzt: Identität sei in der Tat eine Aufgabe. Die EU sei wirtschaftlich und politisch gewachsen, ohne die vorhandene Idee einer kulturellen, europäischen Identität weiter zu entwickeln. Es gäbe immerhin transnationale Identitäten in Grenzgebieten.

Interessant sei, dass es das deutsche Wort „Heimat“ in anderen Sprachen nicht gäbe. Auf Polnisch würde man sich mit „kleines Vaterland“ behelfen. Bei Bobrowski sei Heimat unabhängig von Nation/Nationalität. Ein Autor, das sei hier ergänzt: Robert Menasse in seinem Roman „Die Hauptstadt“, habe auf die Bedeutung von Auschwitz für die Idee Europas verwiesen.

Um zu verdeutlichen, dass es im Roman nicht um unverrückbare Gewissheiten gehe, verwende Bobrowski oft den Konjunktiv. Globales Denken und universelle Themen werden von ihm in lokalen Umständen veranschaulicht. Bobrowski unterläuft die Erwartung auf Eindeutigkeit, seine Sprachspiele stellen Gewissheiten in Frage.

Prof. Szaruga verweist auf die Ähnlichkeit von Übersetzen und Musik hin, die im Spiel Noten interpretiert. Wer Bilder wie „müder Mund“ übersetzen will, muss kreativ sein. Übersetzen bereichert damit die Wahrnehmung.

Nationalismus und Romantik in der Literatur Ostpreußens
PD Dr. Martin Maurach , Ostpreußisches Landesmuseum Lüneburg

Gottfried Herder polemisierte zwar gegen den Einfluss des französischen Adels auf Leben und Kultur in Deutschland, seine Hinwendung zum Volk und seinem Liedgut hat aber nichts Nationalistisches. In der „Zueignung der Volkslieder“ schrieb er: „Euch weih ich die Stimme des Volkes, der verstreuten Menschheit“.

E.T.A. Hoffmann beschreibt in der Novelle „Der Artushof“ die Initiation eines jungen Malers als Synthese von altdeutschem und italienischem Kunstideal.

In der Schrift Eichendorffs zur Restaurierung der Marienburg taucht der Begriff „Polnische Wirtschaft“ zwar als Begriff auf, bleibt aber neutral, weil er nur eine polnische Herrschaftsperiode bezeichnet. Eichendorffs Vorwurf des Utilitarismus bezieht sich gleichermaßen auf Deutsche und Polen.

Erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, als die beiden Juristen und Romanautoren Felix Dahn und Ernst Wichert die Königsberger Literaturszene dominieren, kommen deutschnationale Züge zum Tragen. Felix Dahn hat zwar auch Gedichte zum gegenseitigen Verstehen von Völkern geschrieben, aber mit seiner Berufung an die Universität Königsberg sieht er sich als Nachfahr des Deutschherrenordens, der deutsches Recht in die ferne Ostmark bringt. Sein Roman „Ein Kampf um Rom“, der den Untergang des gotischen Reiches in Italien weihevoll beschreibt, hat deutschnationalistische Züge. Ernst Wicherts Roman „Heinrich von Plauen“ beschreibt den Kampf um die Marienburg, kann als ostpreußische Variation zum „Kampf um Rom“ gelesen werden und formuliert eine negative Sicht auf die Polen.

Identitätskonstruktionen in masurischen Sprachbiographien.
Sprache und Identität der Altgläubigen in Ostpreußen
Dr. Anna Jorroch, Universität zu Warschau

Nach Hugenotten und den Salzburgern waren die altgläubigen, russischsprachigen Philipponen das letzte Glied in der langen Kette von Glaubensflüchtlingen nach Ostpreußen. Sie siedelten vor allem im Bereich von Kętrzyn (Rastenburg), Gisycko (Lötzen), Ełk (Lyck) und Ruciane-Nida (Niedersee/Nieden). Die Glaubensflüchtlinge waren in der Regel mehrsprachig. Im 19. Jahrhundert wurde Polnisch verboten, nach dem 2. Weltkrieg die Verwendung des Deutschen im Zuge des Einwohner- und Sprachregimes der kommunistischen Regierung in Polen. Ein geheimer Rundbrief von 1947 betrieb die Vertreibung der Deutschen und verbot, Deutsch zu sprechen. Philipponen und Masuren fuhren aber fort, privat deutsch zu sprechen.

Menschen, die zweisprachig sozialisiert wurden, können, wie Befragungen von Anna Jorroch 2018 zeigen, nicht einfach aufhören, zweisprachig zu denken; es bleibt bei einer ständigen gegenseitigen Beeinflussung der Sprachen. Andererseits blieb den deutschsprachigen Menschen nach 1945 nichts anderes übrig, als im Umgang mit den Behörden deutsch zu sprechen, weil ihnen Polnisch nicht zur Verfügung stand. Jahrzehnte später können viele von ihnen nur feststellen: „Deutsch varjessen un Polnisch nich jelernt.“ Spuren des masurischen Dialekts mit seinen deutschen Einflüssen sind heute noch feststellbar.

Für Gegenwart und Zukunft sei es wichtig, Mehrsprachigkeit als Bereicherung und nicht als Bedrohung nationaler Identitäten zu sehen.

„Poniemieckie” – Gespräch mit Karolina Kuszyk, Autorin des Buches „Poniemieckie” („Ehemals deutsch”)
Einführung und Moderation: Dr. Rafał Żytyniec (Historisches Museum in Ełk/Lyck)

Karolina Kuszyk wurde in Legnica  (Liegnitz) geboren und lebt heute in Berlin und Niederschlesien. Während eines Besuches bei ihren Eltern/Großeltern entdeckt sie eine Schüssel mit einem Hakenkreuz in der Bodenmarke. Daraus erwächst die Idee für den Roman. Deutsche Gegenstände werden in Polen nicht unbedingt als etwas Fremdes, Faschistisches wahrgenommen, sondern werden als etwas Alltägliches oder „Familiensouvenier“ angesehen.

Karolina Kuszyk geht es um die psychologische Verarbeitung der Aneignung von Gegenständen und Orten (Häusern, Friedhöfe), die ehemals Feinden des polnischen Volkes gehörten. Für das Ausräubern von Wohnungen und Häusern wurden Euphemismen gebildet wie „Aufräumen“, „Repolonisierung“ oder „Liquidation der deutschen Relikte“. Wenn „der alte Schmutz beseitigt werden muss“, hat es etwas von Exorzismus.

In den letzten Jahren ist jedoch ein Bewusstsein dafür entstanden, dass mit der Inbesitznahme von „deutschen Relikten“ Verantwortung für ihre Geschichte und ihren Erhalt einhergeht. Als für den Film „Mission Impossible“ 2020 eine über 100 Jahre alte Brücke gesprengt werden sollte, verhinderten lokaler Widerstand und Denkmalschutz die Zerstörung.

Die nach dem 2. Weltkrieg durchgeführten Plünderungen sind so etwas wie Erbsünde des neuen Polens. Die Polen haben ja nicht einfach ehemaliges Eigentum „wieder in Besitz genommen“, obwohl es nach 1939 selbstverständlich auch Plünderungen im besetzten Polen durch Deutsche gekommen ist: ein solcher Euphemismus verweist auf die Scham, „Gegenstände aus dem Westen“ zu haben. Die Gegenstände wurden als „herrenloses Privateigentum“ bzw. „Staatseigentum“ angesehen; den Staat zu bestehlen, war in der Volksrepublik weit verbreitet: man kann alles nehmen, was keinen privaten Eigentümer hat.

Zum Problemkomplex der Plünderungen sind einige Bücher auf Polnisch erschienen. Neben den schon angesprochenen Aspekten gehen sie auf die allgemeine Not in den besetzten deutschen Gebieten ein. Viele der neuen Bewohner waren selbst aus den von der Sowjetunion angeeigneten, ehemals polnischen Gebieten vertrieben worden und hatten buchstäblich nichts, waren, wie später in der sozialistischen Mangelwirtschaft, gezwungen, „Dinge zu organisieren“. Man „wusste Rat“, „wusste sich zu helfen“. So haben Steinmetze sich jahrelang Steine von deutschen oder jüdischen Friedhöfen „organisiert“.

Friedhöfe zu plündern, ist nichts, auf das man in Polen stolz sein könnte. Deutsche und jüdische Friedhöfe können nicht zu polnischen Friedhöfen werden, für Kinder und Jugendliche blieben sie reizvolle Orte zum Spielen und zum Treffen. In den ehemals deutschen Gebieten Aufgewachsene werden als „poniemiecku“ wahrgenommen; Berlin erscheint ihnen vertrauter als Warschau oder Lublin.

Die Erinnerung an die Geschichte zu erhalten und als Bindeglied zu begreifen, ist von zentraler Bedeutung für Polen und Deutsche. Die Arbeit der Stiftung „Borussia“(Fundacja Borussia Olsztyn) empfiehlt, das Übernommene wie ein Erbe pflegsam zu behandeln. Stadt- und Regionalmuseen orientieren sich an dieser Empfehlung.

In der Diskussion wurden Fragen aufgeworfen wie: Was heißt: „unser“, was heißt: “Repatriierung“, was heißt: “wiedergewonnene Gebiete“? Anna Jorroch wies darauf hin, wie sinnvoll es sein kann, das Erbe zu pflegen. Man hätte z.B. alten deutschen Dokumenten entnehmen können, wo man an der Oder wegen Hochwassergefahr nicht bauen sollte.

Das Buch von Karolina Kuszyk zieht Bilanz und weckt Erinnerungen an Verdrängtes in der deutsch-polnischen Geschichte.

In diesem Zusammenhang lesenswert sind auch die ins Deutsche übersetzten Bücher von:

  • Olga Tokarczuk: „Atlantis“
  • Jan T. Gross: „Nachbarn – Der Mord an den Juden von Jedwabne“
  • Stefan Chwin: „Tod in Danzig“
  • Pawel Huelle: „Weiser Dawidek“.

Prof. Szaruga wies darauf hin, dass auch polnische Autoren ihre Heimat verloren hätten, dass es für die in Lemberg, polnisch Lwów, geborenen Schriftsteller und Dichter Stanisław Lem, Zbigniew Herbert und Adam Zagajewski ein „Ehemals polnisch“ zu verarbeiten gab.