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Spannende Neuzugänge aus Königsberg

Manche Schätze schlummern unbekannt in Privatbesitz. So auch diese beiden über 200 Jahre alten Portraits des Ehepaars L’Estocq, die seit Kurzem unsere Sammlung bereichern. Solche bürgerlichen Portraits sind im 18. Jahrhundert selten, noch dazu aus Ostpreußen. Und sie passen ausgezeichnet zum neuen Schwerpunkt des Museums: Immanuel Kant. Unser Museum wird derzeit um einen Neubau erweitert und dem Philosophen wird eine eigene Abteilung gewidmet. Die L’Estocqs gehörten zu Kants bekanntesten Zeitgenossen in Königsberg. Auch wenn persönliche Kontakte nicht belegt sind, zum Tod des Kanzlers verfasste niemand anderes als der später weltberühmte Philosoph das zeremonielle Trauergedicht.

Johann Ludwig L’Estocq (1712-1779) war Jura-Professor und hatte als Kanzler das höchste Amt der Königsberger Albertus-Universität inne. Ein gedrucktes Papier, das auffällig an der rechten Unterseite aufgeklebt ist, informiert darüber.

Eleonore Marie L’Estocq, geb. Hinz, (1708-1765) war gebildet und als Musikliebhaberin bekannt, die Noten auf dem Bild sind also mehr als nur Schmuck. Das Haus war eine der ersten Adressen für Musik in Königsberg. Gemeinsam lud das Paar zu Gesellschaften mit Konzerten ein. Der junge Johann Friedrich Reichardt, später Kapellmeister unter Friedrich dem Großen, trat hier auf.

Die handwerklich gelungenen Ölgemälde sind etwa 1760 entstanden und leider nicht signiert – möglich, dass sie von einem lokalen Königsberger Künstler stammen. Dezent charakterisieren die wenigen Objekte die Abgebildeten. Die Rüschen der Männerkleidung und die tiefen Ausschnitte erinnern an die Leichtigkeit des Rokokos, eine Leichtigkeit, die uns heute noch berührt.

Standesgemäß und in der Zeit der Aufklärung lebend sind beide mit Büchern abgebildet. Diese spiegeln recht deutlich das damalige Geschlechterbild wider: Der Jurist beschäftigt sich mit „Wahrheit, Freyheit, Redlichkeit“, seine Gattin dagegen mit den „Pflichten einer Dame“. In der Epoche der Aufklärung, im 18. Jahrhundert, wurde das Konzept einer Universalität der Menschenrechte stark vorangetrieben. Aber für Frauen, nicht nur in Königsberg, war es noch ein weiter Weg allein bis zur Anerkennung eines Anspruchs auf Gleichberechtigung.

Beide Gemälde kamen als Schenkung an das Museum. Die Sammlung wächst immer wieder durch solch besondere und höchst anerkennenswerte Großzügigkeit. Dank dafür kommt nicht nur vom Museum, sondern auch von den Museumsgästen, die sich demnächst an diesen seltenen Stücken erfreuen können.