Als vor 100 Jahren der Begriff „Expressionismus“ Eingang in die Kunst fand, war der expressionistische Ausdruckswille eines Künstlers – unabhängig vom herrschenden Malstil oder von konformistischer Malweise – in der Kunstgeschichte längst eine Tatsache. Die Werke aus den späteren Lebensphasen von Feofan Grek (1340-1410), El Greco (1541-1614) oder Goya (1746-1828) sind ein überzeugender Beweis dafür. In der Tat erweist sich der Expressionismus als farbenprächtiger Ausdruck des Lebensgefühls eines Künstlers aus einer inneren Notwendigkeit heraus, die mit seinem Leben und seinen Gefühlen eng verbunden bleibt.
Unsere Sommerakademie „Expressionismus und Moderne“ haben wir mit einem Blick in die Kunstgeschichte begonnen. Es wurden Parallelen in Leben und Werk von Vincent Van Gogh (1853-1890), Paul Gauguin (1848-1903) und Edvard Munch (1863-1944) angesprochen. Hervorgehoben wurde die expressionistische Tendenz in der Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts und die geistigen Verbindungen und Einflüsse auf das Werk von Karl Eulenstein.
Eine Führung durch die Ausstellung „Das Erleben des Elementaren. Der Expressionist Karl Eulenstein“ half den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Sommerakademie, ihren persönliches Zugang zu den Werken des ostpreußischen Malers Eulenstein zu finden. Die Bilderpräsentation der entstandenen Werke am letzten Tag unserer Sommerakademie im Ausstellungsraum hat dieses sichtbar gemacht.
Um dem Anspruch einer künstlerischen Sommerakademie gerecht zu werden, legte der Unterricht großen Wert auf die maltechnische Ausführung. Die schon Erfahrenen und die, die ihre ersten Schritte in der Malerei wagten, wurden professionell von der Künstlerin und Dozentin Elena Steinke angeleitet.
Nach einem Motto von Henri Matisse (1869-1954): „Wenn ich grün male, ist nicht Gras gemeint; wenn ich Blau male, ist nicht Himmel gemeint“ wurde eine Farbpalette mit den drei Grundfarben in Rot, Blau, Gelb zusammengestellt und in Verbindung mit Schwarz und Weiß bewusst expressiv umgesetzt.
So entstanden unter anderem Bilder wie „Rote Kuh“ (Doris Paland) oder „Mutter und Kind“ (Shashikala Voegeli-Paranjpe), deren leidenschaftliche Farben und beunruhigende, lineare Rhythmen ihre Sympathie und das Verständnis für den Expressionismus verraten. Noch mehr Einblicke in Die Sommerakademie gibt es bei youtube.
„Ich glaube, dass der Expressionismus bis heute eine prägende Kraft unseres Zeitgeistes ist und dass die mit der Aureole (Glorienschein) des Expressionismus neugeschaffenen zeitgenössischen Werke des 21. Jahrhundert nicht als Reaktion auf Nachfragen des Kunstmarktes, sondern aus innerer Notwendigkeit ihrer Schöpfer entstanden sind.“ Elena Steinke