Kaiser Wilhelm II. besaß neben vielen Immobilien einen Gutsbetrieb in Cadinen, bei Elbing (heute Elblag in Polen) am Frischen Haff. Hier versuchte er, technisch und sozial einen Musterbetrieb aufzubauen. Zu den Wirtschaftsbetrieben des Gutes gehörte eine Ziegelei. Neben Baustoffen, wie Backstein, Dachziegel und Tonröhren, wollte Wilhelm aber auch gern Kunstkeramik herstellen lassen.
Mit Hilfe der Spezialisten der Königlichen Porzellan Manufaktur (KPM) in Berlin wurde ein Werk errichtet, in dem aus speziell aufbereiteten Cadiner Ton ab 1902/3 künstlerische Erzeugnisse hergestellt werden konnten. Entsprechend dem vom Kaiser bevorzugten Kunststil des Historismus ließ Wilhelm Gefäße, Reliefs und Figuren entwerfen und ausführen, die oft nach dem Vorbild italienischer Keramik der Renaissancezeit (15.-16. Jahrhundert) gestaltet wurden. So bekamen sie, nach dem Fachwort für ihre Vorbilder „Majolika“, den Namen „Cadiner Majolika“. Mit der Verbreitung dieser Keramiken, auch in Architektur, wollte Wilhelm zur Geschmacksbildung im Volk beitragen.
Das abgebildete Gießgefäß zeigt die typische farbige Gestaltung der Majolika: Auf weißem Grund sind Ornamente, Figuren und Schrift in bunten Farben, blau, grün, gelb, rot u.a. gemalt. Das bürgerliche und großbürgerliche Käuferpublikum schätze Anfang des 20. Jahrhunderts diese Art der Kunstkeramik. „Cadiner Majolika“ zu besitzen war darüber hinaus auch ein sichtbares Bekenntnis zum Kaisertum, trugen doch die Keramiken aus Cadinen im Fabrikzeichen die deutsche Kaiserkrone als Hinweis auf den Fabrikherren. Das Objekt wird in der Abteilung 19. Jahrhundert/Wilhelminische Zeit gezeigt werden.