Einen Sekretär findet man heute nur noch selten in einem Büro oder Privathaushalt. Büromöbel folgen heute vor allem den Maßgaben von Funktionalität und Ergonomie: Sie sollen ihren Zweck erfüllen und die Arbeitsbedingungen optimal gestalten. In Zeiten höfischer Repräsentation und absolutistischer Verwaltungsapparate waren Büromöbel hingegen auch deutliche Anzeiger von Ordnung, Status und Geschmack. Schon der Besitz eines Sekretärs verkündete, dass man Korrespondenz pflegte und Besitz hatte, den es zu verwalten galt.
Das Ostpreußische Landesmuseum zeigt in seiner neuen Deutschbaltischen Abteilung einen sogenannten Schrägklappensekretär aus dem Louis-seize, einem Stil der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Benannt ist er nach Ludwig XVI., dem letzten König des „Ancien Régime“, der 1793 im Zuge der Französischen Revolution hingerichtet wurde. Es war eine Umbruchphase in herrschaftlicher Prachtentfaltung, was sich in weniger Üppigkeit und mehr „antiker“ Klarheit ausdrückte. Der Messingdekor ist zurückhaltend, vor allem fällt die Regelmäßigkeit im Muster der Holzarbeit auf. Es handelt sich um eine Marketerie: Stücke oft unterschiedlicher Holzarten werden passgenau geschnitten und neu zusammengesetzt. In diesem Fall sind sie in Würfeln angeordnet, was optische Illusionen auf der Oberfläche erzeugt. Das französische Königshaus war ein wichtiges Vorbild für den Adel in ganz Europa, auch im Baltikum.
Zwei große Schubladen bieten Platz für allerhand Unterlagen. Hinter der schrägen Klappe verbergen sich vier weitere kleine Schubfächer und ein abschließbares Mittelteil. In die Tür des Mittelteils ist eine Garbe intarsiert, vielleicht als Symbol der Gutswirtschaft, die hier verwaltet werden konnte. Die geöffnete Klappe dient als Schreibunterlage. Der Sekretär verfügt über Geheimfächer – etwas durchaus Übliches in dieser Zeit. Durch einen versteckten Federmechanismus kann der Mittelteil herausgezogen werden. Auf seiner Rückseite werden so acht weitere Schubfächer sichtbar. Vor besonders neugierigen Blicken verborgen, konnten hier sensible Unterlagen aufbewahrt werden.
Unser heutiges, und vorletztes, Objekt der Woche steht noch nicht an seinem finalen Platz in der Dauerausstellung, deshalb bekommen Sie hier ein aktuelles Baustellenfoto zu sehen.