Zum Inhalt springen
Startseite » Kunst-Geschichten aus dem Ostpreußischen Landesmuseum –Herrenhausidyll Löwenhof (Kuigatsi)

Kunst-Geschichten aus dem Ostpreußischen Landesmuseum –Herrenhausidyll Löwenhof (Kuigatsi)

Von Dr. Jörn Barfod

In unserer Reihe „Kunst-Geschichten“ stellt unser ehemaliger Kustos Dr. Jörn Barfod besondere Werke aus der Sammlung des Ostpreußischen Landesmuseums vor. In diesem Beitrag geht es um die Ansichten des Herrenhausidylls Löwenhof von dem Maler Carl Timoleon von Neff:

Carl Timoleon von Neff

Der deutschbaltische Maler Carl Timoleon von Neff (1804 – 1877) studierte an der Dresdener Kunstakademie und machte ab 1826 in St. Petersburg schnell Karriere. Als Portrait-, Historien- und Genremaler erwarb er sich große Anerkennung. Aber auch in miniaturhaft kleinen Arbeiten wie den Ansichten von Schloss Löwenhof (Kuikatz, heute Kuigatsi/Estland) wird seine Meisterschaft deutlich. Diese kleinformatigen Gemälde entsprechen den im 19. Jahrhundert beliebten druckgrafischen Serien von Stadt- und Landschaftsansichten, die in Sammelbänden oder als Wandschmuck erschienen.

Das Herrenhaus und seine Umgebung

Die beiden Ansichten der Hauptfront und der Gartenseite des Herrenhauses sind aber beileibe keine Schilderung der Architektur allein. Es kam dem Maler mindestens ebenso sehr auf die Umgebung und die Menschen in Löwenhof an. Im ersten Bild nähern wir uns dem Gut und seiner unmittelbaren Umgebung. An einer Wegbiegung am See liegt ein Wirtschaftsgebäude. Kleine Zugänge deuten Ställe an, das hohe Dach die Scheunenfunktion. Vor dem Gebäude steht ein Hirtenmädchen mit einem kleinen Kind an der Hand und Ziegen drumherum. Auf einem mit Heu hoch beladenem wagen sitzt ein Knecht und führt die Zugochsen. Dem Wagen folgt ein weiterer mit geschultertem Heurechen.

Ausschnitt: Carl Timoleon von Neff „Ansicht Schloss Löwenhof“,
Münnich-Nolcken’scher Nachlass

Erst weiter hinten sieht man das Herrenhaus auf einem Hügel, dahinter zwei weitere Gebäude. Nach rechts hin stehen Bäume, davor verläuft ein Weg auf das Herrenhaus zu. Hier ist ein Reiter auf einem Schimmel unterwegs. Auf dem See schwimmende Enten ergänzen die Idylle.

Diese Bereiche des Bildes sind in helleres Licht getaucht, während die Szene des Wirtschaftshofes vorn links dunkler gehalten ist. Technisch entspricht dies dem malerischen Prinzip, Teile des seitlichen Vordergrunds dunkler zu halten, um dem Bild eine stärkere Tiefenillusion zu geben. Zugleich wirkt diese Szene belebend, obwohl sie hier nur Beiwerk ist. Bedenkt man aber die wirtschaftlichen Verhältnisse, so beruht der Glanz des Herrenhauses samt seiner Bewohner gerade auf der Tätigkeit der Arbeiter im bäuerlichen Wirtschaftsbetrieb.

Das Herrenhaus

Carl Timoleon von Neff „Ansicht Schloss Löwenhof“,
Münnich-Nolcken’scher Nachlass

Ähnlich detailgenau wie die Frontansicht des Herrenhauses Löwenhof, Besitz derer von Löwenstern, später von Nolcken, ist auch die Gartenseite mit der Rasen- und Baumgestaltung des Parks gelungen. Hier sehen wir genauer die klassizistische Architektur des Gebäudes aus dem späten 18. Jahrhundert. Davor spazieren seine Bewohner ungezwungen in ihren biedermeierzeitlichen Kostümen. Sie stehen zwanglos gruppiert im belichteten Vordergrund. Bäume und Büsche ganz vorn zu den Seiten begrenzen die Szenerie.

Beide Gemälde sind eine Schenkung aus dem Nachlass von Heinrich und Karin von Nolcken aus dem Gutshaus Lunia und dem Schloss Allatzkiwi in Estland durch Michael Edler von Braun, Malte Edler von Braun und Bernd Grube.