Am 21. Februar 2020 feierte das Ostpreußische Landesmuseum die erste Vernissage im noch recht jungen Jahr – eine Kabinettausstellung, die anlässlich ihres 75. Todestages der großen Grafikerin und fraglos bekanntesten Künstlerin aus Ostpreußen, Käthe Kollwitz (1867-1945), gewidmet war: „Käthe Kollwitz. Die Welt in Schwarz und Weiß“ (22.2.-21.6.2020). Die als Käthe Schmidt in Königsberg geborene und dort aufgewachsene Künstlerin hat Bilder und Plastiken geschaffen, die eindrucksvoll armut- oder kriegsbedingte Not, das Leid, Sterben und Trauern gerade der Schwachen festgehalten haben. Nicht ohne Grund wird sie im Ausland vielfach als wichtigste deutsche Künstlerin angesehen. Ihr Sujet und ihre Bildsprache sind zeitlos und auch heute noch ergreifend und aktuell.
Kein Wunder also, dass zur Eröffnung trotz Regen, Sturm und Kälte der Saal rappelvoll wurde und Stühle nachgestellt werden mussten, bis wirklich nichts mehr ging. Unter den Gästen waren Politiker wie der Bundestagsabgeordnete Eckhard Pols, Vertreter von Stadt und Rat wie die Kulturreferentin Katrin Schmäl und Berühmtheiten wie der Schriftsteller Arno Surminski.
Museumsdirektor Dr. Joachim Mähnert begrüßte die zahlreichen Gäste. In einem nachdenklichen Grußwort hob er die Bedeutung von Kollwitz gerade in Zeiten des Umbruchs hervor, wie sie die Künstlerin selbst durchlebte, die aber auch für die Gegenwart kennzeichnend seien. Das Ostpreußische Landesmuseum verfüge erfreulicherweise auch dank der Übernahme der Sammlungen des Duisburger Museums Stadt Königsberg über nicht unerhebliche Bestände im Werk von Käthe Kollwitz, die auch in der Dauerausstellung zu sehen seien – eben als Ausdruck von Industrialiserung, Migration, Verarmung in der Zeit um 1900. Zwei Tage nach dem erschreckenden Attentat von Hanau wies Mähnert auf die zunehmende Spaltung der Gesellschaft hin, auf wachsenden Hass und fehlenden Respekt gegenüber anderen Meinungen, Ethnien, Traditionen, auf fehlende Empathie, wie sie etwa für das Werk von Käthe Kollwitz prägend seien. 75 Jahre nach Flucht und Vertreibung und dem Ende des nationalsozialistischen Schreckenregimes seien die Apelle von Kollwitz für Frieden und Mitgefühl aktueller denn je.
Kurator und Kustos Dr. Jörn Barfod erklärte die Bildauswahl der aktuellen Ausstellung „Die Welt in Schwarz und Weiß“. Nicht ein kompletter Zyklus etwa zum Weberaufstand oder den Bauernkriegen, hätte im Mittelpunkt gestanden, sondern die künstlerische Entwicklung, der Einsatz verschiedener grafischer Techniken, vom Zeichenstift über die Lithgraphie bis zur Radierung, lassen sich an den ausgewählten Werken ableiten.
Fulminant war der Vortrag von Dr. Heinke Fabritius, Kunsthistorkerin, Kollwitz-Kennenrin und Kulturreferentin am Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim. Am Beispiel des Zyklus zum Weberaufstand nach Gerhard Hauptmann, deren Blätter sie einzelnd vorstellte und erklärte, zum Zyklus des Bauernkrieges, aber auch anhand der Selbstporträts von Käthe Kollwitz erfuhren die Zuhörer viel Neues und lernten zugleich, die Motive, die Bildkkomposition und ebenso die gewählte Technik mit anderen Augen zu sehen und das darin verborgene Ansinnen der Künstlerin besser zu verstehen. Ihre Ausführungen, frei vorgetragen, sprachlich und inhaltlich brillant und ausgezeichnet von einer Präsentation untermalt, zog das Auditorium in ihren Bann, so dass die Zeit regelrecht verflog. Gleichwohl war man am Ende des Vortrags umso neugieriger auf die Ausstellung.
Bei einem Glas Wein und vielen guten Gesprächen war die Resonanz der Gäste zur Vernissage ausnehmend positiv, vielfach sogar begeistert. Schon am Folgetag war das Museum erneut gut gefüllt – das ganze Wochenende strömten die Besucher in die neue Ausstellung – Käthe Kollwitz sei Dank!