Deutschbaltische Sammlungsstücke des Ostpreußischen Landesmuseums kehren an ihren Ursprungsort in das Schloss Alatskivi nach Estland zurück
Von Dr. Eike Eckert
Fortsetzung der Kooperation mit dem Schloss Alatskivi
Das Ostpreußische Landesmuseum mit Deutschbaltischer Abteilung und die Stiftung des Schlosses Alatskivi in Estland setzen ihre bewährte Kooperation fort. Mehrere Objekte der Lüneburger – Möbel, Silber und Porzellan – aus dem Sammlungsbestand der deutschbaltischen Familie von Nolcken/von Münnich wurden diesen Sommer als Dauerleihgabe nach Estland verbracht.
Das malerische Schloss Alatskivi, im 19. Jahrhundert von Baron Arved von Nolcken nach dem Vorbild des schottischen Königsschlosses Balmoral gebaut, ist eines der beliebtesten Reiseziele des Landes mit ca. 30.000 Besuchenden im Jahr. Es liegt im Osten in der Nähe des Peipussees, nur knapp 30 Kilometer von der Lüneburger Partnerstadt Tartu entfernt, der diesjährigen europäischen Kulturhauptstadt.
Seit vielen Jahren pflegt das Museum seinen Auftrag, den grenzüberschreitenden Kulturaustausch mit seinen Partnern im Baltikum (und in Polen) aktiv zu gestalten und die Lüneburger Sammlungsbestände zu Ausstellungszwecken auch an ihren ursprünglichen Verwendungsort zu verbringen – ein lebendiger Kulturdialog, der eindringlich das gemeinsame, europäische Kulturerbe verdeutlicht.
Der stetige Prozess eines Ausstellungsaufbaus in Alatskivi
Schon 2018 erfolgte eine erste langfristige Ausleihe von Möbeln nach Alatskivi, die nachweislich im 19. Jahrhundert zur Ausstattung des Schlosses gehörten. Im Herbst 2022 besuchten die estnischen Verantwortlichen Lüneburg, um sich über weitere Bestände aus diesem Sammlungsnachlass zu informieren. Mit Unterstützung des Ostpreußischen Landesmuseums konnten die estnischen Partner Mittel für eine weitergehende Ausstellung von Originalobjekten im Schloss einwerben.
Mit der ehemaligen Kapelle des Schlosses wurde nun ein Ausstellungsraum bereitgestellt, in dem die Objekte ab August 2024 für die Besuchenden präsentiert werden sollen. Dazu gehört u.a. der mit Schnitzereien reich verzierte Schreibtisch des Erbauers, Baron Heinrich von Nolcken, ein Familienwappen, sowie ein Tischgedeck mit Porzellan-Geschirr und graviertem Silberbesteck aus dem 19. Jahrhundert.
Einige Objekte werden derzeit noch restauriert, sodass sie in einen ausstellungsfähigen Zustand versetzt werden. Ergänzt wird die Präsentation durch Fotos von Ahnenporträts der Familie von Nolcken aus den Beständen des Landesmuseums.
Zum Hintergrund
Durch die Jahrzehnte sowjetischer Herrschaft hat sich nahezu kein originales Inventar in den Herrenhäusern Estlands und Lettlands erhalten. Umso bedeutsamer sind nun die Leihgaben aus Deutschland. Aufgrund der Unruhen im sowjetischen Bürgerkrieg und dem Verlust ihrer Privilegien nach dem Ersten Weltkrieg verließ die Familie von Nolcken ihre baltische Heimat. Sie nahmen wichtige Stücke des originalen Schlossinventars mit nach Bayern. Glücklicherweise rettete dies einen wesentlichen Teil der früheren Ausstattung und gelang in unsere Museumssammlung. Diese Ausstattung bildet den Kern der Deutschbaltischen Abteilung in Lüneburg, von der aber nur ein kleiner Teil gezeigt werden kann.
Ein Blick in die Zukunft…
In Estland wurden bereits weitere zukünftige Projekte diskutiert. Dazu gehören die Ausleihe und Restaurierung der in Lüneburg aufbewahrten gemalten Supraporte, kleine Kinderfiguren (Putten), die einst über den Türdurchgängen der Enfilade des Schlosses hingen. Das nächste Kooperationsprojekt findet bereits im Oktober statt. Im Rahmen des Veranstaltungsprogramms zur europäischen Kulturhauptstadt Tartu 2024, wird sich die Deutschbaltische Abteilung des Museums – übrigens als eine der wenigen Kulturinstitutionen Deutschlands – am „Festival of Lights“ in Alatskivi beteiligen.