Erfahrungsbericht von Sina Schurrer, Studentin der Kulturwissenschaften an der Leuphana-Universität Lüneburg und Praktikantin in der Museumspädagogischen Abteilung des Ostpreußischen Landesmuseums
Eigentlich bin ich keine große Kunst-Kennerin und mich zieht es auch eher in historische und kulturgeschichtliche Museen als in die Kunsthalle. Die erste Fortbildung der Museumspädagogischen Abteilung im Jahr 2012 führte mich nun aber in die Kunsthalle Bremen. Dort wird noch bis zum 26.02.2012 die Ausstellung “Edvard Munch – Rätsel hinter der Leinwand” gezeigt. Auch wenn ich von Kunstgeschichte nicht viel verstehe, Edvard Munch kenne sogar ich und so war ich gespannt, was mich in der Ausstellung erwartet.
Elf Teilnehmer, Honorarkräfte und Ehrenamtliche der Museumspädagogik, machten sich am Donnerstagmorgen, den 23.02.2012 auf den Weg nach Bremen. Nachdem wir nach einigen Irrungen und Wirrungen aufgrund von Baustellenarbeiten und Zugausfällen in der Kunsthalle angekommen waren, begrüßte uns erst einmal eine lange Warteschlange an der Garderobe und vor dem Einlassbereich. Das Servicepersonal am Eingangsbereich wirkte leicht überfordert mit dem Besucheransturm und Schließfächer für unsere Taschen waren leider auch rar.
Die Munch-Ausstellung selber entschädigte aber schließlich für das Gedränge. Auch hier standen Menschentrauben vor den Bildern, aber man konnte dennoch gut sehen und sich alles in Ruhe angucken und durchlesen. Besonders spannend war die Geschichte um das neue Munch-Bild, das man in Bremen entdeckt hat und das schließlich auch der Ausstellung ihren Titel gab: “Rätsel hinter der Leinwand”. Es handelt sich dabei um ein Bild, das 2005 bei der Untersuchung des Gemäldes “Das Kind und der Tod” entdeckt wurde. Hinter diesem Kunstwerk befand sich eine weitere Leinwand mit einem eigenständigen Bild.
Restauratoren haben es geschafft, die Leinwand abzuspannen und das Bild darunter zum Vorschein zu bringen: Die Aktdarstellung eines Mädchens, daneben drei Männerköpfe, die mit Händen nach dem Mädchen greifen. In der Bremer Kunsthalle können nun beide Werke bestaunt werden.
Im Anschluss an den Gang durch die Ausstellung wurde uns von Hartwig Dingfelder, dem Leiter der Abteilung Bildung und Vermittlung der Kunsthalle Bremen, das museumspädagogische Begleitprogramm zur Sonderausstellung vorgestellt. Dabei konnten wir erst einmal staunende und auch ein wenig neidische Blicke auf die Räumlichkeiten der Museumspädagogik werfen, die durch den neuen Anbau an die Kunsthalle in den letzte zwei Jahren entstanden sind: Sehr große, helle und moderne Räume mit einer breiten Fensterfront und nicht zuletzt sehr gemütliche Sitzkissen gab es hier.
Herr Dingfelder erklärte uns die Herangehensweise und Entwicklung des Begleitprogramms, wobei besonders interessant war, wie Kinder dabei angesprochen wurden, da diese Altersgruppe nicht gerade die eigentliche Zielgruppe einer Edvard Munch-Ausstellung ist. Uns wurde jedoch erklärt, dass gerade die Themen, die Munch in seinen Bildern aufgreift – Tod, Krankheit, Kindheit, Erwachsenwerden, Liebe, Gefühle – jeden Menschen, von Kind bis ins hohe Alter, ansprechen und emotional berühren. Jeder hat seine Erfahrungen mit diesen Themen gemacht, was auch das Fesselnde und die Ausdrucksstärke erklärt, die von Munchs Bildern ausgeht. Für Kinder entwickelte die Kunsthalle daher ein breites Angebot: Es werden spezielle Malkurse angeboten, in denen die Kinder ähnlich wie Munch Gefühle und Emotionen malen oder Bilder zum Thema Kindheit anfertigen. Weiterhin steht Kindern ein spezieller Audio-Guide zur Verfügung, der die Ausstellung in Form eines Hörspiels erklärt. Es werden Führungen für verschiedene Altersgruppen angeboten und den Schulklassen Unterrichtmaterialien zur Verfügung gestellt, damit der Museumsbesuch in der Schule vorbereitet werden kann. Darüber hinaus hat Hartwig Dingfelder im Rahmen der Ausstellung das Buch “Edvard Munch für Kinder” geschrieben, welches nun auch im Dumont-Verlag erschienen ist.
Am interessantesten fand ich das Projekt “Familientag mit den ‘Die drei ???'” Hier wurde gemeinsam mit dem Produzenten der “Drei ???” zusammengearbeitet und eine Folge geschrieben, die zum Teil auch in der Kunsthalle spielt. Am Familientag erwartet die Besucher nun eine spezielle Führung durch die Ausstellung und eine Lesung dieses Kinderkrimis. Ich denke, diese Veranstaltung eignet sich besonders, um neue Zielgruppen anzusprechen, das heißt Kinder, die “Drei ???”-Fans sind, sonst mit ihren Familien aber eher selten oder gar nicht ins Museum gehen.
Sehr gelungen finde ich auch die Ansprache möglichst verschiedener Zielgruppen durch das Begleitprogramm – Kinder, Jugendlicher, Studenten, Erwachsener, Behinderter. Die Kunsthalle Bremen profitiert hierbei sicherlich auch von einem breiten Netzwerk aus verschiedenen Kooperationspartnern, wie z.B. Schulen, der Werkstadt Bremen oder dem Theater Bremen.
Abschließend ist mein Fazit für die Fortbildung in der Bremer Kunsthalle:
1. Es gab viele interessante Anregungen von Seiten der Museumspädagogischen Abteilung.
2. Ich bin überrascht, wie gut mir die Ausstellung gefallen hat und werde demnächst sicher öfter auch in Kunstausstellungen gehen!