Was hat Elfriede Brüning nicht alles erlebt. 1910 in Berlin geboren, verspürte sie schon früh den Wunsch Schriftstellerin zu werden. 1932 schloss sich Frau Brüning dem „Bund proletarisch – revolutionärer Schriftsteller“ an, den Johannes R. Becher leitete und zu dem auch Anna Seghers gehörte. Elfriede Brüning kennt viele große Namen persönlich und hat selbst fantastisches geschrieben und viel Bewegendes zu erzählen.
Dies tat sie am Sonntagnachmittag, den 18. November im Ostpreußischen Landesmuseum. Und mehr als fünf Dutzend Besucher kamen um dieser eindrucksvollen Dame zu lauschen. So erzählte sie wie sie als junge Frau nach Ostpreußen kam – eine Region, die ihr so fremd war wie heute den meisten von uns vielleicht Lateinamerika. Als junge Journalistin erhielt Elfriede Brüning 1934 den Auftrag, über die Segelfliegerausbildung auf der Kurischen Nehrung zu berichten, erkannte aber schnell, dass es sich um die Vorbereitung von künftigen Piloten der Luftwaffe handelte. Sie gab den Auftrag zurück, blieb aber für einige Monate auf der Nehrung und lernte das Leben und die Sorgen der Menschen kennen. So entstand der Roman „Auf schmalem Land“, der wie durch ein Wunder noch 1938 erscheinen konnte. Elfriede Brüning hatte sich bereits vor 1933 der linken Bewegung angeschlossen und war 1935 verhaftet worden. Mit der erneuten Veröffentlichung ihres Romans „Auf schmalem Land“ 2009 wurden ihre Erlebnisse in Ostpreußen nach Jahrzehnten des Nicht-daran-Denkens wieder aktuell.
Dipl. Päd. Hans Wolfgang Lesch, Germanist und Experte für DDR-Literatur, moderierte die Veranstaltung und las gemeinsam mit Elfriede Brüning aus „Auf Schmalem Land“. Daneben stellte auch er Leben und Werk der Schriftstellerin vor und kam dabei regelrecht ins Schwärmen. Auch eine sympathische Anekdote aus der gemeinsamen, schon viele Jahre dauernden Bekanntschaft der beiden, wurde dem Publikum gegönnt. Frau Brüning ist noch wunderbar fit für ihr Alter und so ist es auch kein Wunder, dass sie immer noch selbstständig wohnt und gar bis zu ihrem 100. Geburtstag noch Auto fuhr. Den Führerschein gab sie erst vor zwei Jahren freiwillig (aber wehmütig) ab. Als Herr Lesch sie das erste Mal nach Lüneburg einlud -95jährig- fragte sie „Lüneburg? Kann ich da mit dem Auto kommen?“
Der Besucher spürte an dem Nachmittag die Energie der alten Dame. Unerwartet gab sie im Anschluss während der Fragerunde noch eine Zugabe und las spontan mit rauer, aber noch fester Stimme aus einem weiteren Werk aus der Nachkriegszeit vor. In „Zeit Besichtigung“ schildert Elfriede Brüning wie es den Flüchtlingen bei ihrer Ankunft in der neuen Heimat erging. Nach Kriegsende blieb Elfriede Brüning in Berlin, wo sie bis heute lebt. Als Redakteurin der Zeitschrift „Neue Heimat“, die von der „Zentralverwaltung für deutsche Umsiedler“ herausgegeben wurde, berichtete sie über die Probleme bei der Ansiedlung und Integration ostdeutscher, auch ostpreußischer Heimatvertriebener in der Sowjetischen Besatzungszone. Als freie Schriftstellerin schrieb Elfriede Brüning später vor allem über gesellschaftliche Fragen, insbesondere über Frauen und ihre Schicksale.
Das Publikum belohnte Elfriede Brüning mit viel Anerkennung und Applaus. Viele standen im Anschluss Schlange, um eine persönliche Signatur zu bekommen. Einziger Wehmutstropfen: Der Verlag, bei dem der Roman „Auf schmalem Land“ veröffentlicht wurde, ist mittlerweile insolvent – weitere Exemplare sind derzeit nur über den Onlineversandhandel zu beziehen – so lange der Vorrat reicht.
Mehr als 30 Bücher hat Elfriede Brüning mittlerweile herausgegeben. Und sie schreibt immer noch und tippt auch alles selbst! Wer mehr über diese Dame erfahren will, der kann ihre Homepage besuchen. Auf ihr findet sich sogar ein Video ihrer letzten Autofahrt.
Das Ostpreußische Landesmuseum sagt Danke und sendet herzliche Grüße nach Berlin.