Svenja Szalla, Praktikantin
Arno Surminski war am Mittwochabend mit seinem erst 14 Tage jungen Erzählband „Wolfsland“ bei uns im Ostpreußischen Landesmuseum zu Gast. Für viele Lüneburger sind seine Lesungen inzwischen eine liebgewonnene, sich jährlich wiederholende Tradition. Bereits eine Stunde vor Beginn trafen die ersten Zuhörer ein, um sich Plätze in den vorderen Reihen zu sichern. Kulturreferentin Agata Kern führte durch den Abend, hob auch die ernste, traurige Kindheitsgeschichte des inzwischen 84-jährigen Autors hervor, dessen Eltern 1945 aus Ostpreußen verschleppt wurden und in einem russischen Lager starben, was Surminski erst Ende der 90er Jahre erfuhr. Die oft auch tragischen und ernsten Anteile der Geschichte Ostpreußens waren in den Erzählungen, die der Autor aus seinem neuen Buch las, ebenso vertreten wie die Zuversicht und der, auch in schweren Zeiten nicht versiegende, Humor des Volkes, das die Region zwischen Weichsel und Memel bewohnte.
Diesen Optimismus sinnbildlich wiederspiegelnd, hatte Surminski beschlossen, die Geschichten der Reihenfolge nach von ernst zu heiter werdend zu lesen. So schwangen persönliche Erinnerungen an das eigene Vertriebenwerden in der titelgebenden Erzählung „Wolfsland“ mit und auch die zweite Geschichte, „Dichtertreffen“, traf mitunter ironisch-tiefgehende Töne bei der Frage nach dem Erhalt des Gedankengutes des facettenreichen Volkes. Für allgemeine Heiterkeit sorgte die leicht spöttische, verblüffte Frage des Autors, der nach diesen zwei eher eindringlichen Erzählungen zu fröhlicheren Texten übergehen wollte: „Aber wo ist denn nun bloß das Heitere?“ Nach kurzem Suchen wurde er fündig – weiter ging es mit der „Masurischen Frömmigkeit“ und den Listen eines Pastors. Für seine deutschen wie auch masurischen Schäfchen verantwortlich, musste dieser nicht nur zweisprachig Gottes Wort verkünden, sondern auch Tricks und Kniffe anwenden, die Gemeinde in ihrer völkerübergreifenden Vorliebe für hochprozentige Getränke zu zügeln.
Viele seiner Geschichten sieht der Autor als Einladung, dem alten Ostpreußen, den masurischen Gepflogenheiten, der Wärme und selbstverständlichen Gastfreundschaft, die damals wie heute ungebrochen zu diesem Land der dunklen Wälder und stillen Seen gehört, einen Besuch abzustatten. Das Thema der deutsch-polnischen Aussöhnung beschäftigt Surminski seit jeher. Die Besinnung auf das gemeinsame geistige Kulturerbe ist ihm eine Herzensangelegenheit. Es gab diesen Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Religionen, die nicht nur friedlich beieinander lebten, sondern in ihrer Mannigfaltigkeit einen besonderen Geist, eine sich gegenseitig befruchtende Diversität, welche sich in Literatur, Bräuchen und Gedankengut niederschlug, ins Leben rief. Als ermunterndes Beispiel für das mögliche Gelingen einer sich vermischenden Gemeinschaft, sei Ostpreußen durchaus auch für heutige Tage ein bedenkenswertes Beispiel, befand der Autor mit einem feinen Lächeln.