Von Dr. Jörn Barfod
Kerzenwachs klebte noch an einigen Stellen, als eine alte Dame dem Museum das Keramikrelief übergab. Es zeigt drei kniende Hirten vor der Maria mit dem Christkind. „Es stand zu jedem Weihnachten unter unserem Tannenbaum“, sagte sie erklärend dazu. Der Entwerfer des Reliefs, Heinrich Splieth, war ihr Vorfahr gewesen.
Der deutsche Kaiser und preußische König Wilhelm II. hatte 1902 in Cadinen bei Elbing (heute Kadyny bei Elblag) eine Produktionsstätte für Kunstkeramik einrichten lassen, wo Zier- und Baukeramik hergestellt wurde, nach Künstlerentwürfen.
Der in Elbing geborene und in Berlin ausgebildete Bildhauer Heinrich Splieth (1877-1929) hat viele Entwürfe für die Königlichen Majolika-Werkstätten Cadinen geliefert. Die Arbeiten wurden über Verkaufskataloge angeboten.
Das Relief mit den anbetenden Hirten allerdings war nicht für den Handel vorgesehen. Es gehörte zu einem Altaraufsatz, den die Kronprinzessin Cäcilie für die Christuskirche in Danzig-Langfuhr (heute Gdansk-Wrzeczcz) gestiftet hatte, die 1916 eingeweiht wurde.
Ein Zweitstück des Reliefs gelangte in den Besitz des Künstlers und wurde Teil der weihnachtlichen Familientradition.