In leuchtendem gelben Licht sehen wir Schuppen, Häuser, Kurenkähne, Düne und blauen Himmel mit großen hellen Wolken – ein Erinnerungsbild aus und an Nidden. Wenige dunkle Flächen und Striche geben Kontrast und Struktur. Im Werk von Karl Eulenstein ist diese Arbeit ungewöhnlich hellfarbig und steht vereinzelt da. Ihre Entstehungszeit bezeichnet auch in der Biografie Eulensteins einen Einschnitt und in seiner Malerei einen Wendepunkt. Nach seinem Studium an der Königsberger Kunstakademie ging Eulenstein 1926 dauerhaft nach Berlin. Aber er kehrte bis 1944 jährlich immer für längere Zeit in seine Heimat, das Memelland, zurück.
Er malte fast ausschließlich Motive von dort und gehört zu den Malern des engeren Kreises der Niddener Künstlerkolonie nach 1920. Bei Kriegsende 1945 hatte er in Berlin Werk, Wohnung und Atelier durch Bombeneinwirkung verloren und versuchte mühsam einen Neuanfang, auch stilistisch. In kräftigen, schweren, teils sehr dunklen Farben entwickelte er seinen spätexpressionistischen Nachkriegsstil. Zu Beginn dieser Entwicklung entstand jedoch dieses helle Aquarell, das in den Formen auf die Spätwerke hinweist, in den Farben aber an seine ganz frühen Aquarelle der Zeit um 1925 anzuknüpfen scheint. Es wirkt wie eine Selbstvergewisserung nach den großen Verlusten von Werk und Heimat und vor dem neuen Beginnen.