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Der „Tempelhüter“ steht wieder in Trakehnen

Aus Anlass des 200. Jubiläums des Hauptgestüts Trakehnen in Ostpreußen ließ die Preußische Gestütsverwaltung am 26. September 1932 vor dem Landstallmeisterhaus eine lebensgroße Pferdeplastik auf einem Sockel aufstellen. Sie zeigte den Hengst „Tempelhüter“, der 1905 geboren mit seiner harmonischen Vereinigung von Kraft und Eleganz das ideale Pferd seiner Zeit verkörperte.

Der neue Tempelhüter...noch ganz in weiß
Der neue Tempelhüter...noch ganz in weiß

Als 12 Jahre später die Rote Armee Trakehnen eroberte, waren seine Bewohner rechtzeitig geflohen. Zurück blieb das nicht-lebende Inventar, auch der Tempelhüter. Sein weiteres Schicksal blieb zunächst unbekannt, denn über das nördliche Ostpreußen, der Kaliningrader Oblast, senkte sich der Eiserne Vorhang sehr viel rigoroser als über andere Teile Ostpreußens. Nahezu keine Information drang nach außen.

Das ehemalige Eingangstor zum Gestüt
Das ehemalige Eingangstor zum Gestüt

Erst zu Beginn der 1970er Jahre wurde durch Zufall auch im Westen bekannt, dass die berühmte Trakehner Pferdeplastik nach Moskau gebracht worden war. Auf dem Sockel in Trakehnen stand hingegen ein Denkmal zur Erinnerung an einen Sowjetsoldaten, der sein Leben bei der Eroberung Ostpreußens verloren hatte. Mit der politischen Wende 1990/91 wurde das Kaliningrader Gebiet auch wieder für Deutsche zugänglich, und natürlich zog es sie auch nach Trakehnen, das heute wie der Tolstoi-Ort nahe Moskau Jasnaja Poljana heißt.

Hagen Mörig aus Braunschweig, der ab 2001 ein Jahr lang Aufbauarbeit in Jasnaja Poljana geleistet hatte, wollte sich mit dem Verlust des Tempelhüters in Trakehnen nicht abfinden. Er setzte alle Hebel in Bewegung, sammelte Tausende von Unterschriften, um die verantwortlichen Stellen in Moskau zur Rückgabe des Tempelhüters in den schließlich nun ebenfalls russischen Ort zu bewegen. Das gelang zwar nicht, doch wurde die Erlaubnis erteilt, eine Nachbildung der Pferdeplastik im ehemaligen Trakehnen aufzustellen.

Hagen Mörig in Trakehnen
Hagen Mörig in Trakehnen

Mit diesem „Freibrief“ sammelte Möhrig mehr als 30.000,- €. Zudem fand er in Kaliningrad (Königsberg) eine Gießerei, die die Plastik herstellte.

Unklar war jedoch noch lange der genaue Standort der Plastik in Trakehnen. Einige wenige Bewohner beharrten auf dem Verbleib des Soldatendenkmals auf dem Tempelhütersockel. Um die neue Pferdeplastik dennoch im Ort aufstellen zu können, errichtete ein dem Vorhaben sehr gewogener Einwohner einen Sockel in seinem Vorgarten. Kurz vor dem lange angekündigten Termin der feierlichen Enthüllung des Denkmals kam eine Anweisung aus Moskau, die eine beide Seiten befriedigende Lösung brachte: Das Soldatendenkmal wird auf den am Dorfrand gelegenen Friedhof zu Ehren von über 2.000 Rotarmisten gebracht, die bei der Eroberung der Region ums Leben gekommen waren, und die Feierlichkeiten beginnen mit einer Kranzniederlegung dort. Im Anschluss wird dann die Pferdeplastik auf de originalen Sockel gestellt.

Der Soldatenfriedhof
Der Soldatenfriedhof

Die feierliche Enthüllung der Tempelhüter-Nachbildung fand am 29. September 2013, 81 Jahre und 3 Tage nach der ersten Zeremonie am selben Ort, statt.

Zur Feierlichkeit fanden sich über 400 Menschen aus dem Dorf Jasnaja Poljana und der Region, auch Vertreter der Gebiets-Duma, des Landrats des Kreises Stallupönen/Nesterov und der Bürgermeister ein, weiterhin zahlreiche Gäste aus Königsberg/Kaliningrad und aus allen Teilen Deutschlands. Besonders stark vertreten waren Angehörige der Kreisgemeinschaft Ebenrode/Stallupönen, also der früheren Bewohner des Landkreises, zu dem Trakehnen vor 1945 gehörte. Sie waren mit einem eigenen Bus angereist, um der Zeremonie beizuwohnen.

Der enthüllte TEmpelhüter mit Dr. Gerhard Kübart
Der enthüllte Tempelhüter mit Dr. Gerhard Kübart

Die Festrede hielt Dr. Gerhard Kuebart, Kreisvertreter der Stallupöner und Großneffe des Künstlers Reinhold Kuebart, der zu Beginn der 1930er Jahre das Tempelhüter-Original geschaffen hatte. Auch das Ostpreußische Landesmuseum war bei der Feierlichkeit vertreten.

Dr. Christoph Hinkelmann