Mitten im Zweiten Weltkrieg gelangte mit einem Umzug von der ostpreußischen Hafenstadt Pillau (bei Königsberg; heute russisch Baltisk bei Kaliningrad) ein Madonnenrelif erst nach Wilhelmshaven, 1955 schließlich nach Bremen. Damals war es schon etwa 50 Jahre alt. Weitere knapp 60 Jahre verblieb es im Treppenaufgang jenes Bremer Hauses, bis es die Tochter des seinerzeitigen Eigentümers, Oberbaurat Hermann Rebien (1906-66), jetzt dem Ostpreußischen Landesmuseum schenkte. Ein Museumsmitarbeiter stemmte das 76x56cm große, glasierte Tonrelief vorsichtig aus der Wand. Nun wird es im Museum von der Restauratorin zunächst behutsam gesäubert werden, bevor es in der Ausstellung den Besuchern zugänglich gemacht werden kann.
Das Relief entstand um 1903/04 in der Kaiserlichen Majolika-Werkstatt in Cadinen (bei Elbing am Frischen Haff, heute Polen). Dort hatte kein Geringerer als Kaiser Wilhelm II. eine Werkstatt für Kunstkeramik einrichten lassen, die, dem Zeitgeschmack entsprechend, viele Reliefs und Geschirre im historistischen Stil herstellte. So schuf ein noch unbekannter Künstler das Modell zu dieser Madonna an Vorbilder aus der italienischen Frührenaissance (15. Jahrhundert) angelehnt.
Auf welchem Weg dieses Stück einst nach Pillau gelangte, ist nicht bekannt. Wohl aber war schon dem Vorbesitzer Hermann Rebien bewusst, dass es sich bei diesem Relief um eine frühe Probearbeit der Cadiner Manufaktur handelt. Dies ist erkennbar an den Trocknungsrissen der Oberfläche, über die hinweg die Glasur aufgetragen wurde. Da solche Stücke nicht in den allgemeinen Verkauf gelangten, muss es sich bei der Herkunft dieser Madonna um einen besonderen Weg gehandelt haben.
Trotz der teilweise fehlenden Reliefrückwand, die schon beim Umzug aus Ostpreußen nach Nordwestdeutschland beschädigt gewesen sein muss, ist das Relief außerordentlich bedeutend. Es ist ein seltenes Stück und wegen des Probestückcharakters und der individuellen Glasur ein Unikat.