Das diesjährige Motto „Leben“ der Lüneburger Museumsnacht wurde als „Über-Lebens-Kunst“ interpretiert und zog immerhin ca. 3.000 Museumsbegeisterte und damit mehr als im Vorjahr an. Die Stimmung war wie immer ausgezeichnet, was sicher nicht zuletzt auch am optimalen Wetter lag, das wie geschaffen war für ein Flanieren durch die traumhafte Lüneburger Altstadt mit ihren Cafes, Biergärten und eben nicht zuletzt ihren Museen.
Schlag 18 Uhr eröffnete Museumsdirektor Joachim Mähnert das Event, musikalisch legte sodann gleich die litauische Tanzgruppe „Vite“ los.
Kustos Dr. Jörn Barfod erläuterte die Bedeutung von Kunst als Überlebenskunst am Beispiel des Nehrungs-Tryptichon von Eduard Bischoff, der sich seine verlorene Heimat immer wieder neu malerisch erschuf.
Reges Interesse erweckte der Start einer neuen Reihe „Talk im Museum“, mit der das Ostpreußische Landesmuseum zukünftig alle zwei bis drei Monate aktuelle Kulturdebatten aufgreifen und seinen Besuchern zugänglich machen möchte.
Dieser erste Termin widmete sich der Neukonzeption des Ostpreußischen Landesmuseums. Diesem steht schließlich eine grundlegende Modernisierung und besonders auch die Erweiterung um eine deutschbaltische Abteilung bevor.
Unter der Moderation der Leiterin des hiesigen NDR-Studios, Regine Schramm, debattierte Direktor Dr. Joachim Mähnert mit dem ausgewiesenen Museumsfachmann Professor Dr. Hermann Schäfer, sowie mit dem neuen Direktor des benachbarten Instituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im Nordöstlichen Europa, Dr. Joachim Tauber, über ein zukunftsträchtiges Museumskonzept des Ostpreußischen Landesmuseum.
Frau Schramm hob einleitend die bisherige Überlebenskunst der Ostpreußen bevor und frug nach dem Rezept für die Zukunft. Herr Mähnert führte in groben Zügen aus, dass mit dem Wegbruch der Erlebnisgeneration zwar neue Zielgruppen für das Museum gefunden werden müssten, dass aber auf der anderen das Ostpreußische Landesmuseum seinen selbstverständlichen Anspruch in der Reihe anderer, etwa auch niedersächsischer Landesmuseen beanspruche, da Ostpreußen zwar heute nicht mehr Teil Deutschlands sei, aber eben doch über eine etwa 700jährige deutsche Geschichte verfüge, die nicht nur eine Brückenfunktion in den Osten innehatte, sondern auch direkt und spezifisch wesentliche Impulse zur christlich-abendländische Kulturtradition beigetragen habe, etwa über Kopernikus, Kant, Herder u.a. Diese gelte es stärker hervorzuheben.
Selbstverständlich müsse die neue Dauerausstellung zeitgemäßes Rezeptionsverhalten berücksichtigen und Themen aufgreifen, die auch aktuell von Interesse sind und Menschen anziehen, die zunächst wenig Ostpreußenaffin seien.
Herr Schäfer führte die Bedeutung einer klaren Erzählstruktur aus und betonte die Notwendigkeit, mittels neuer Medien auch junge Menschen zu erreichen. Wichtig sei prinzipiell, die Exponate nicht nach Sachgruppen geordnet, sondern in einer ausgewogenen Mixtur zu präsentieren.
Er ging auch auf die geplante Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung in Berlin ein. In diesem Zusammenhang zitierte er Günter Grass, wonach die Vertriebenen ihre Heimat zweimal verloren hätten, 1945 und später durch das Schweigen der Mehrheitsgesellschaft zu diesem Umstand. Er warnte davor, diesen Fehler erneut zu begehen, denn mit dem Aussterben der Erlebnisgeneration müsse die Erinnerungskultur den Museen und Gedenkstätten übertragen werden, aber auch diese seien zu wenig wohl gelitten und zudem unterfinanziert.
Herr Tauber sprach von der Schwierigkeit eines Historikers, der mit Quellen und nicht mit Exponaten arbeite und wenig Erfahrung mit Öffentlichkeitsarbeit und dem Herunterbrechen komplexer Sachverhalte in allgemein verständliche und ansprechende Formate, dem Museum echte Empfehlungen auszusprechen. Er wies aber darauf hin, auch die zwischenzeitlich schwierigen Beziehungen zu den östlichen Nachbarn nicht zu verschweigen.
Immer wieder wurde auch auf die neu deutschbaltische Abteilung eingegangen. Gefragt nach den mehrsprachlichen Zugängen etwa durch Audioguides auch in Litauisch, Estisch und Lettisch bot er seine Kontakte an, um diese wichtige, aber kostenintensive Leistung möglich zu machen.
Das Publikum nahm überhaupt regen Anteil. Verschiedene neue Schwerpunkte wurden angeregt, etwa eine klare Betonung auch der naturwissenschaftlichn Errungenschaften etwa des Nikolaus Kopernikus, aber auch die Bedeutung der Seefahrt und des Handels in Ostpreußen für Deutschland und Europa herauszuheben.
Nach einer guten Stunde endete das Gespräch und hinterließ eine zufriedene Gästeschar. Der Auftakt dieser Reihe jedenfalls war gelungen.
Es folgten Vorträge und Lesungen in ostpreußischer Mundart mit dem Lüneburger Schauspieler Hans-Jürgen Gündling, ein Zeitzeugengespräch mit dem gebürtigen Ostpreuße Elimar Labusch und eine Führung über ungebeten Gäste im Museum, die aber gut zu überleben wissen: Mäuse, Schnaken, Ameisen und dergleichen Unerfreuliches mehr mit dem Biologen Dr. Christoph Hinkelmann.
Immer wieder traten die Musik- und Tanzgruppe Vite aus Litauen auf. Ihre Kunstfertigkeit, die ungewohnten Instrumente, vor allem aber die fröhliche Ausstrahlung der Musiker begeisterten das Publikum. Der Funken sprang über, die Menschen gingen mit der Musik mit und hinterließen zufriedene Gäste, die noch am gleichen Abend auf die lange Heimfahrt antraten.
Wie immer nahezu überrannt: Die Angebote für die jungen Besucher von unserer Museumspädagogischen Abteilung:
Und um den Abend durchzuhalten gab es wieder Köstlichkeiten der Lüneburger Landfrauen und frisch gebackene Waffeln:
So konnte auch diese Museumsnacht wieder uneingeschränkt als Erfolg gewertet werden.